Vorsicht! Da es sich um den dritten Teil einer Reihe handelt, enthält die Rezension Spoiler zu den vorangegangenen Teilen!
Inhalt
Es sind Jahre vergangen, seit Bitterblue von ihrem Graceling-Cousin Po und dessen Gefährtin Katsa vor ihrem tyrannischen Vater König Leck gerettet wurde. Seitdem ist einiges passiert in Monsea, dem Land, über das Bitterblue nun als Königin herrscht. Doch Bitterblue fühlt sich eingesperrt in ihrem Schloss, aus dem sie nur selten und unter Aufsicht herauskommt. Deswegen fängt sie an, auf eigene Faust verkleidet durch die Straßen von Bitterblue City (vormals Leck City) zu streifen und freundet sich mit einigen Bewohnern an, ohne ihre wahre Herkunft zu verraten. Durch diese Freundschaft findet sie jedoch auch heraus, dass irgendetwas in ihrem Land ganz und gar nicht stimmt, denn Menschen werden ermordet, verschwinden einfach, lügen oder verfallen dem Wahnsinn. Langsam begreift sie, dass das Erbe ihres Vaters anhält und die Gedanken der Menschen auch jetzt noch vergiftet...
Meinung
Nachdem ich Graceling und Fire, die beiden Vorgänger dieses Buches, nahezu verschlungen habe, war die Vorfreude auf dieses Buch sehr groß. Ich fand es von Anfang an bewundernswert, wie originell Kristin Cashores Bücher sind, denn die Geschichten glänzen durch innovative Welten und durch nie dagewesene Bewohner derselbigen. Zudem ist ihre Art, die Bücher in sich abzuschließen, aber dennoch lose miteinander zu verbinden, einfach nur genial. Diese Verbindung erhält sie in diesem Band aufrecht, und bringt sie eigentlich zur Perfektion, indem sie Fire und Graceling gekonnt verknüpft und die kleinen Hinweise, die sie in den vorhergehenden Bänden gestreut hat, weiter ausbaut. Deswegen auch gleich vorneweg der Hinweis: Wer Graceling und Fire nicht gelesen hat, wird mit dem Buch nicht viel anfangen können. Auch wenn beide in sich abgeschlossen waren, haben sie mit diesem letzten Band der Trilogie sehr viel zu tun, so dass man definitiv Hintergrundwissen braucht.
Nun, da dies gesagt ist, muss ich leider zugeben, dass ich hin- und hergerissen bin, was die Bewertung von Bitterblue angeht. Insgesamt habe ich das Buch genauso gern wie seine Vorgänger gelesen, einfach auch, weil mir die Personen alle ans Herz gewachsen sind (man trifft ja auch auf bekannte Gesichter). Was die Charaktere angeht, hat Kristin Cashore wirklich ein glückliches Händchen, denn sie trifft immer genau den richtigen Ton. Liebenswert, geheimnisvoll, aufbrausend oder unheimlich? Jeder Charakterzug wird authentisch und nachvollziehbar wiedergegeben, und man kann sich ein ganz genaues Bild von jeder einzelnen Person machen. Genauso sind der Aufbau der Welt und die Hintergründe logisch und ohne Lücken gelungen, man hat nie das Gefühl, dass sie irgendein kleines Detail nicht durchdacht hat. Auch die Aufmachung des Buches ist diesmal ganz besonders: Die größeren Abschnitte werden von wunderschönen Grafiken eingeläutet, genauso wie jedes neue Kapitel, zudem gibt es innerhalb des Textes einzelne Grafiken, die wichtig zum Verständnis sind, und am Ende des Buches befindet sich eine ganze Reihe an Karten, die dem Leser Aufschluss über die Welt geben, die schon in dessen Kopf entstanden ist.
Dennoch gibt es unübersehbare Schwächen im Buch, die mir auch immer mehr auffielen, je weiter ich beim Lesen voranschritt. Zum einen ist da die Tatsache, dass hier die personale Erzählweise einige große Mankos hat. Die Geschichte ist aus Bitterblues Sicht geschrieben, ohne jemals davon abzuweichen, was natürlich einige Vorteile hat, aber in dieser Geschichte einen großen Nachteil: Man kommt nie auch nur einmal aus Bitterblue City heraus, selten genug aus dem Schloss, weswegen die Handlung wirklich auf diesen eng begrenzten Raum beschränkt ist. Das ist irgendwann etwas fade, und es entstehen Längen. Man liest zwar von den Abenteuern und Gefahren, die Bitterblues Freunde bestreiten, aber nur, wenn diese ihr in ihrem Kämmerchen davon erzählen, sie selbst ist so gut wie nie Teil davon. Das Buch ist also eher eins der leisen Töne, wer lieber Action hat, sollte die Finger davon lassen.
Außerdem haben mich die Geheimnisse und Enthüllungen um Bitterblues grausamen Vater Leck so langsam aber sicher verängstigt. Was da in der Vergangenheit in diesem Königreich passiert ist, ist harter Tobak und ich würde niemandem empfehlen, das Buch unbedarft zu lesen. Dieser Fakt lässt mich auch an dem empfohlenen Lesealter des Verlages von 14 bis 17 Jahren zweifeln, denn ich denke, für jüngere Leser ist das doch zu viel des Guten. Ich will nicht ins Detail gehen, um niemanden zu spoilern, aber ich kann Euch sagen, dass ich wirklich mehr als einmal sehr schlucken musste.
Zu guter Letzt hat mich das Ende leider nicht sehr befriedigt, es war zu offen und ließ viele Fragen unbeantwortet. Sowas würde ich bei einem Anfang oder Mittelteil einer Trilogie erwarten, jedoch nicht beim letzten Band.
Fazit
Der Abschluss einer ungewöhnlichen Fantasy-Trilogie lässt mich zwiegespalten zurück: Großartige Einfälle, liebenswerte und authentische Charaktere und ein Weltenaufbau, der überzeugt, stehen auf der Pro-Seite, ein paar unheimliche, erschreckende Enthüllungen, leichte Längen und ein zu offenes Ende auf der Contra-Seite. Insgesamt macht das weiterhin ein unentschlossenes Urteil.
Bewertung
Unentschlossen, in der Tat, ich vergebe mal 3,5 von 5 Blumen ohne Gewähr!
Reiheninformation
Eine lose zusammenhängende Trilogie, die, wie sich herausstellt, doch mehr miteinander zu tun hat, als man anfangs glauben wollte. Daher würde ich empfehlen, die Bücher auch wirklich chronologisch zu lesen, und mit Graceling anzufangen.
- Graceling / Die Beschenkte
- Fire / Die Flammende
- Bitterblue / Die Königliche (erscheint im September 2012)