Dienstag, 12. Juni 2012

Libellensommer - Antje Babendererde

Inhalt
Jodie hält es bei ihren Eltern nicht mehr aus - immerzu streiten sie, das Geld ist knapp und nun hat ihre Mutter auch noch ihren Laptop verkauft. Kurzerhand beschließt sie abzuhauen, zu ihrem Freund aus dem Internet. Tim wird sie sicher eine Weile bei sich aufnehmen, bis ihre Eltern wieder zur Vernunft gekommen sind. Als Jodie jedoch beim Trampen von einem Trucker fast vergewaltigt wird, rettet der Cree-Indianer Jay sie und nimmt sie mit in die Wildnis. Jodie bleibt nichts anderes übrig, als mit ihm zu gehen, denn allein in der Wildnis würde sie keinen Tag überstehen. Jay bringt sie in sein Camp, und Jodie hätte nie gedacht, dass dieser Trip ihr ganzes Leben verändern wird...

Meinung
Seit schon etwas längerer Zeit bin ich ein großer Fan von Antje Babendererde, denn kaum eine andere Autorin kann so wunderschöne Romane über Indianer schreiben, die aber dabei trotzdem zum Nachdenken anregen und einen in eine andere Welt versetzen. Zum Glück hat Frau Babendererde schon relativ viele Bücher geschrieben, deswegen habe ich immer ein, zwei Bücher von ihr auf meinem Stapel ungelesener Bücher, um im richtigen Augenblick mal wieder nach einem Werk greifen zu können. Und es war definitiv mal wieder Zeit für einen Babendererde-Roman. 

Dieses Mal spielt ihre Geschichte in den Wäldern von Kanada, auf dem Gebiet der Cree-Indianer. Wie in jedem ihrer Bücher spricht die Autorin auch hier ein Problem an, mit welchem sich die Indianer konfrontiert sehen; in diesem Fall geht es um den Kahlschlag in Wäldern auf indianischem Boden, die von der Regierung illegal durchgeführt werden und damit den Lebensraum und die Lebensgrundlage der Indianer zerstören. Ich fand diesen Konflikt wieder einmal sehr realistisch dargestellt, und man kann immer nur wieder staunen, wieviele Vorurteile Indianer ertragen müssen und wieviel Ungerechtigkeit ihnen widerfährt. Jedes Mal wieder bin ich schockiert und sprachlos, und auch ziemlich wütend. 

Aber natürlich gibt es auch hier wieder eine sanfte, zarte Liebesgeschichte zwischen den beiden Protagonisten. Dieses Mal war ich jedoch von der weiblichen Protagonistin Jodie, aus deren Ich-Perspektive das Buch auch erzählt wird, nicht so angetan. Jodie ist am Anfang des Buches 15 Jahre alt, wird dann bald 16, verhält sich aber von Anfang an eher wie zwölf. Sie ist zickig, hat an allem etwas rumzumäkeln, ist unglaublich neugierig und wenig sensibel. Daher konnte ich auch nicht ganz nachvollziehen, warum Jay sie überhaupt so mochte. Zugegeben, sie ändert sich im Buch zusehends; wahrscheinlich war auch genau das die Intention der Autorin: zu zeigen, dass Jodie durch ihre Erfahrungen im Indianer-Camp wächst und sich entwickelt. Dennoch blieb die Abneigung größtenteils bestehen. Was Jay angeht, ist er wieder mal eine tolle männliche Hauptperson, wie sie immer bei Frau Babendererde vorkommen: geheimnisvoll, dadurch sehr interessant, naturverbunden, sensibel, zärtlich, stark. Ja, bei sowas wird man frau schwach. ;)

Die Geschichte hat mich dieses Mal nicht so sehr vom Hocker hauen können. Was nun genau im Camp vor sich geht, hat mich nicht interessiert, ob Jodie wieder zurück zu ihren Eltern geht, auch nicht. Allerdings fand ich die ganze Zeit, die sie im Camp war, an sich interessant, einfach weil ich gerne über den Alltag der heutigen Indianer lese, wie sie leben, was für Legenden sie haben, welche Traditionen sie noch ausleben. Das Ende war dann für meinen Geschmack etwas zu offen, obwohl wir das ja von Antje Babendererde gewohnt sind. An sich finde ich es auch sehr schön, dass die Autorin dagegen ist, alles über ihre Charaktere zu offenbaren, auch, wie es mit ihnen weitergeht, denn das lässt dem Leser genug Platz, die eigene Fantasie anzustrengen, zudem schreibt Antje Babendererde dadurch auch keine Endlosreihen, sondern nur Einzelbände. Aber bei Libellensommer blieben zu viele Fragen offen und ungeklärt, und ich hätte liebend gern wenigstens noch ein Kapitel darüber gelesen, wie es Jay denn nun ergangen ist und wie es weitergeht mit ihm. 

Fazit
An sich unterscheidet sich Libellensommer nicht sehr viel von Antje Babendererdes restlichen Romanen, es geht wieder um Indianer und Liebe, Hoffnung und Perspektivlosigkeit. Aber als Protagonistin ist mir Jodie leider zu unsympathisch gewesen, um sie ins Herz zu schließen und mich damit auch für ihre Geschichte sehr zu interessieren. Lediglich Jay war ein Lichtblick, was mir das Buch wieder ein bisschen versüßt hat, insgesamt also ein gutes Buch, wenn auch bei weitem nicht ihr bestes!

Bewertung
Ich vergebe dafür 3,5 von 5 Blumen.


6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hach ja, wenn ich etwas in meinem Bücherregal krame, finde ich "Libellensommer" bestimmt irgendwo - ungelesen. Wieder mal eine wunderschöne Rezi (du umschreibst so gut und kommtst dabei auf den Punkt)! Obwohl du jetzt nicht ganz begeistert bist und vor allem die Hauptprota bemängelst, hoffe ich doch stark auf den Lichtblick Jay und werde irgendwann mal zugreifen. Ohne es zu bereuen, hoffentlich! :)

"Zweiherz" habe ich von der Autorin mal gelesen und das fand ich recht gut.

Liebe Grüße
Reni

Karo hat gesagt…

@Reni: Vielen Dank! ♥

Also "Julischatten" oder "Indigosommer" haben mir seeehr viel besser gefallen. :) Aber trotzdem ist Babendererde toll, immer wieder. ♥ Die Bücher brauch ich immer, wenn es mir schlecht geht oder so, die sind echte Seelenstreichler.

Ich kenne auch andere, die von Jodie nicht ganz so genervt waren, und dadurch das Buch insgesamt auch mehr mochten. Also kann es auch sein, dass Du es total toll findest. :) Aber wie gesagt: meine Tipps von ihr findest Du weiter oben. Traumhafte Bücher!

Anonym hat gesagt…

Danke für die Tipps! Erst mal halte ich mich an die Bücher der Autorin, die schon bei mir stehen... aber dann. Und *Kopfstreichler*, hoffentlich geht es dir wieder besser... wenn ich denn richtig kombiniere. ;)

Damaris Anna hat gesagt…

Hey Karo,
also seit Winnetou und diversen Indianercomics in meiner Kindheit, hab ich keine Geschichten mehr über Indianer gelesen :-) Von der Autorin hab ich aber schon ganz viel Gutes gehört. Und die diversen Jays sind doch meist Lichtblicke, oder? :-)
Schön geschrieben!!
LG,
Damaris

Anonym hat gesagt…

Hach, noch jemand der die Bücher von Frau Babendererde zu schätzen weiß. Ich mochte das Buch sehr. Ist aber ehrlich gesagt auch schon wieder zwei, drei Jahre her seit ich es gelesen hatte. Ich fand Jodie anfangs auch nicht sehr helle und wenig sympathisch, doch mit der Zeit habe ich sie besser verstanden und konnte auch mit ihr sympathisieren, da ihre familiäre Situation ja auch nicht sehr angenehm war.

"Indigosommer" hatte mir abe auch einen Ticken besser gefallen. Hast du eigentlich auch "Der Gesang der Orcas", "Rain Song", "Talitha Running Horse", "Lakota Moon" und "Die verborgene Seite des Mondes" gelesen? Ich hab auch noch zwei ungelesene Werke von ihr hier stehen, aber die benannten habe ich bereits verschlungen und mochte sie sehr, wenn auch "Lakota Moon" nicht so ganz so meins war. Ich finde es auch immer wieder toll zu sehen, wie sie auf einfache und mitfühlende Situation der amerikanischen Ureinwohner in der heutigen Zeit darstellt und den Menschen näher bringt.

Liebe Grüße
animasoul

Karo hat gesagt…

@Reni: Dankeschön. :) *drück*

@Damaris: Also die Bücher von ihr lege ich Dir wirklich seeeehr ans Herz. Sie sind so einfühlsam und wunderschön geschrieben, und die Charaktere so interessant und meist sehr vielschichtig gestaltet. Zudem beschreibt sie die heutige Situation der Indianer sehr realistisch, was mich immer wieder schockiert, aber auch fasziniert. Also wirklich keine Klischeebücher, sondern Stoff, der zum Nachdenken anregt, aber auch zum Träumen einlädt. :)

@animasoul: Ich stimme Dir vollkommen zu, was ihren Schreibstil und ihre Geschichten angeht. Das liebe ich an ihren Büchern!
Ich habe noch "Rain Song" und "Die verborgene Seite des Mondes", sowie "Julischatten" gelesen. Alle drei fand ich toll, obwohl Julischatten wahrscheinlich noch am schönsten war. "Der Gesang der Orcas" liegt noch auf meinem SuB, da freu ich mich schon drauf, und die restlichen Bücher werden auf jeden Fall auch noch angeschafft. Hab mir auch gerade erst ihre "Erwachsenen"-Romane mal angeguckt, da will ich auch unbedingt mal eins von probieren. :) Also zum Glück kommt da noch einiges.